Eine Musikmeditation mit Mozart

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Nütschau 29_Februar_2016

…im Kloster Nütschau
vom 29. Februar bis. 2. März 2016

Ein Bericht von Manfred Lellek

Wir treffen uns am Montag Nachmittag. Unser großzügiger, achteckiger Raum ist angenehm: Mit Kamin, Teppichboden und großen Fenstern. Die 12 Damen und 4 Herren gruppieren sich in einem weiten Halbkreis. Ich sitze vor ihnen, aber nicht in der Mitte, das ist mir wichtig. Im Zentrum steht die Musik, also die Lautsprecher und unsere Aufzeichnungen; ich bin nur Vermittler.

Bei mehrtägigen Veranstaltungen stelle ich stets eine kurze Musik vor jeden Seminarabschnitt; quasi als Ouvertüre. Diesmal war es der Chor „Ah gracie si rendano“ aus „La clemenza di Tito“, der zur inneren Sammlung einlud, und der mit seiner Schönheit auf unsere gemeinsame Arbeit einstimmen sollte.

Wir begannen mit dem langsamsten Abschnitt aus dem Rondo für Klavier und Orchester, KV 382. An dieser kurzen Musik lernten die Teilnehmer unsere Arbeitsweise kennen, also den kompletten musicosophischen Werkzeugkasten, mit denen wir Seminare gestalten, bis hin zur Melorhythmie.

Die Melorhythmie will geübt sein. Ich weiß, dass sie nicht immer sofort angenommen werden kann und erzähle deshalb gern von meinen eigenen Schwierigkeiten und Erfahrungen bei der ersten Begegnung damit.

Nach dem Abendessen – ebenso am folgenden Tag – lud ich zu einem „Nachklang“ ein. Einer halben Stunde im Schweigen. Für mich ist diese halbe Stunde ein Schlüssel im Seminargeschehen, denn hier kann die erste Begegnung mit der Melorhythmie vom Nachmittag auf eindringliche Weise vertieft werden. Wir hörten aus der „Zauberflöte“ den Chor „O Isis und Osiris“ und gestalteten die Musik schon nach kurzem Hören. Es geht mir hierbei um die unmittelbare Erfahrung der musikalischen Kräfte. Leicht kann man spüren, ob die Musik groß und weit wird oder ob sie verhalten ist; ob sie nach außen strebt oder ob sie sich nach innen wendet. Hier konnten wir den Reichtum der Musik mit den Händen greifen.

Für den Dienstag hatte ich den 3. Satz, das Adagio aus dem 17. Streichquartett, KV458 gewählt. Eine Musik, die nicht so unmittelbar anspricht wie das Rondo, die aber tiefe, schöne Melodien in sich trägt und einfach aufgebaut ist. A, B, dann Wiederholung mit kleinen Veränderungen plus Coda. Am Vormittag hatten wir uns die erste Hälfte der Musik erschlossen, und damit schon fast alles. So vorbereitet, konnten wir am Nachmittag in „die Tiefe gehen“.

Der Nachmittag begann mit einer anregenden Gesprächsrunde. So etwas kann man nicht planen, es muss entstehen. Diese halbe Stunde mit Fragen, Erläuterungen und Plaudereien verband uns – man darf es so sagen – auf musikalische Weise und wurde zur geistigen Vorbereitung für die weitere Arbeit an dem Streichquartettsatz. Wir kannten die Musik ja schon recht gut, doch da war noch diese Stelle gegen Schluss, die so rasch vorübergeht und so leicht zu überhören ist, und die doch den lichten Höhepunkt dieses Satzes darstellt. Wir arbeiteten diese Stelle sorgsam heraus und gestalteten sie wiederholt mit den Händen. Zunächst nur diesen Ausschnitt, dann im Zusammenhang des ganzen Satzes. Die tiefe Erfahrung, die wir dabei machten, ist nicht zu beschreiben. Für mich war dieser Nachmittag ein ganz besonderes Erlebnis, und ich bin der Gruppe dankbar dafür, dass sie diesen Weg mit mir gegangen ist.

Abends folgte erneut eine halbe Stunde im Schweigen. Was sollte nach diesem langen, intensiven, ja auch anstrengenden Tag noch kommen? Kindermusik! Nein, das nicht, aber das entzückende Trio aus dem Menuett des Streichquartetts Nr. 15 ist kinderleicht und erschließt sich sofort. Es wirkt innerhalb des etwas derben Menuetts wie ein geschliffener Edelstein in einer robusten Fassung. Beim Anhören und Gestalten dieser Musik gibt es auch um 20 Uhr keine Müdigkeit – nur ein inneres Strahlen.

Der letzte Seminarabschnitt: Die Koffer sind gepackt und die Zimmer sind geräumt; ja vielleicht stellt sich auch schon Erschöpfung ein. Aber da ist ja noch unser Rondo vom ersten Tag mit seinem schwungvollen, heiteren Thema. Diese vitale Musik trägt uns über den Vormittag. Wir betrachten noch einmal den Aufbau, vertiefen unser Hören durch wiederholte Melorhythmie und erleben den energischen Schluss.
Dieser hat einen ganz anderen Charakter als der des Adagios. Hier die strahlend nach außen gerichtete Kraft, dort das nach innen gewandte Fragen. Beides haben wir in diesen Tagen erlebt und beides hat uns berührt.

In der Abschlussrunde saßen wir noch schweigend zusammen und tauschten schließlich unsere Erfahrungen aus. Ach ja, der Kursleiter bekam noch eine CD aus dem Klosterladen geschenkt. Das war ganz rührend! Danke dafür! Danke für alles! Da bleibt nur noch zu sagen: Auf Wiedersehen im Oktober mit Musik von J. S. Bach.

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