Bericht Seminar Franz Schubert: „Des Menschen Seele gleicht der Musik“ Gmunden/Traunsee 2012

Von Ursula und Peter Kien

Vom 15.-17. Juni 2012 fand bereits zum fünften Mal ein Musicosophia-Seminar in Gmunden statt. Rechtzeitig zur Kirschenzeit (!) genossen die 19 TeilnehmerInnen bei strahlendem Wetter den Blick auf den Traunsee, Schloss Ort und die freundliche Atmosphäre des Seminarhotels Magerl.

Schon am ersten Abend lädt Hubert Pausinger ein, wahrzunehmen, wie  in der Klangwelt Schuberts volkstümliche Melodien transzendiert werden. So erfahren die Teilnehmer in der Liedvertonung des Textes von F. Rückert “Du bist die Ruh” universell gültige Urbilder von Stimmungen, indem sie sich auf ihre innere Resonanz der atmosphärischen Wahrnehmung des Liedes einlassen.

In der Analyse des langsamen Satzes der Klaviersonate A-Dur D959 werden dann die Hörer herausgefordert, auch in den Phasen von angeblichem Chaos  musikalischen Geschehens sich so orientieren zu lernen, dass sie dort eine “andere Ordnung” und die dann entstehenden neuen Erlebnisqualitäten entdecken.

Lucian Closca setzt mit dem zweiten Satz aus der 3. Symphonie F. Schuberts einen Kontrapunkt. Nach den Phasen  tiefer Innengerichtetheit tut dieser musikalische Raum “unschuldiger Heiterkeit” gut. Aber auch hier zeigt uns Lucian Closca auf, welche Komplexität und welch raffinierte Konstruktion hinter den scheinbar  einfachen und spielerischen Elementen dieses zweiten Satzes liegen.

Ein absoluter Höhepunkt war die Abendeinheit am zweiten Seminartag.

Nach der beglückenden Erfahrung der stimmungsmäßigen Geborgenheit und “Mütterlichkeit” des Ave Maria konfrontiert uns Hubert Pausinger mit der anderen Seite der menschlichen Seele in Schuberts Werken.  Mit großer Klarheit und die ganze Seele ergreifend tauchen die drei verschieden Stimmen im „Erlkönig“ auf: das leidende Kind, der beschwichtigende Vater und die unerbittliche, in ihrer Echtheit und Wahrhaftigkeit durch nichts zu ignorierende “heimliche” Stimme der Todesahnung.

In der Vertonung des Textes “Der Zwerg” von  Matthäus von Collin werden wir schließlich  in die Abgründe der menschlichen Seele geführt, wobei wir von den beiden Workshop-Leitern immer souverän durch die beiden Extrempole der Klangwelt von Schubert geführt werden.

Durch den Vergleich der Vertonung des Gedichtes von Goethe “Gesang der Geister über den Wassern” mit dem Sanctus aus der As-Dur Messe (D678) macht uns Hubert Pausinger besonders deutlich, wie es Schubert in seinen Werken gelingt, durch die Musik die Gesetzmäßigkeiten der Seele und der Natur auszudrücken und schließlich auch den universellen Charakter und die Schönheit dieses Geheimnisses zum Klingen zu bringen.

Das Seminar endete mit dem Finale der Klaviersonate in A-Dur (D959), in der Schuberts gewaltige Verwandlungskraft in beeindruckender Weise veranschaulicht wurde. Eine Kraft, welche in diesem Werk  in spielerischer , einfacher und unproblematischer Schlichtheit zu einem Zustand höchster Entwicklung führt.

Hubert Pausinger und Lucian Closca haben uns in Gmunden wieder gezeigt, wie Musik zu einem Schatz werden kann. Dank und Freude darüber werden vergrößert, weil auch wieder für das Jahr 2013 ein Seminar in Gmunden geplant wird.

Comments are closed.